Schon seit ein paar Jahren gibt es etwas versteckt das so genannte Kriegstagebuch des OKW zum Download: http://www.znaci.net/index.php  (n. unten scrollen). Auf mehr als 6600 Seiten finden sich Eintragungen von August 40 bis Mai 45. Aber Vorsicht - erst die Gebrauchsanweisung lesen! 1/9

Zunächst ist das Kleingedruckte zu beachten: Es handelt sich nicht um das Kriegstagebuch des Chefs OKW (Keitel) oder des Chefs des Wehrmachtführungsstabes (Jodl), sondern um ein KTB aus dem Bereich des Stellv. Chefs des Wehrmachtführungsstabes (Warlimont). 2/9

Die zwischen 1961 und 1965 veröffentlichten Bände wurden von Jacobsen, Hillgruber, Hubatsch und Schramm »zusammengestellt und erläutert« und von Percy Ernst Schramm im Auftrag des Arbeitskreises für Wehrforschung herausgegeben. 3/9

Schramm konstatierte 1961: "Das Kriegstagebuch des Wehrmachtführungsstabes [...] steht soweit als isolierter Block inmitten eines Riesenhaufens von Asche." Der veröffentl. Gesamtkorpus ist jedoch alles andere als ein einheitliches bzw. konsistentes Kriegstagebuch (KTB OKW). 4/9

Wie die Übersicht zeigt, ist das KTB OKW vielmehr in weiten Teilen der Versuch einer Rekonstruktion. Fehlende Abschnitte wurden durch heterogene Dokumente anderer, häufig konkurrierender Dienststellen wie der Organisationsabteilung des GenStbdH ersetzt: Perspektivenwildwuchs! 5/9

Eine weitere Herausforderung in der Nutzung des KTB liegt in der professionellen Vita der Bearbeiter begründet. Jacobsen, Hillgruber und Hubatsch waren »Schüler« des Herausgebers Percy Ernst Schramm. Jacobsen und Hillgruber promovierten bei ihm in Göttingen. 6/9

Spannend wird es jedoch bei den Autoren des KTB: Zu ihnen gehörten neben Helmuth Greiner eben auch Schramm und Hubatsch selbst, die im WFSt Warlimont direkt unterstanden. Wie auch im Fall des »KTB Halder« bearbeiteten und kommentierten die Akteure somit ihre eigenen Dokumente.7/9

In der Einleitung des dritten Bandes galt dann auch der Dank Walther Hubatschs für die Publikation des KTB seinem damaligen Vorgesetzten Schramm »in Erinnerung an eine gemeinsam erlebte schwere Zeit vor zwanzig Jahren«. 8/9

Fazit: Bei der Benutzung des »KTB OKW« sollte man sich dessen Genese, der Kompilierung aus unterschiedlichen Quellen sowie der partiellen Deckungsgleichheit von Autoren und Bearbeitern unbedingt bewusst sein. #Neuedition? 9/9

#Militärgeschichte #Kriegstagebuch