Volksparteien in D wurden in der ('langen' Nachkriegs-)Zeit besser verstanden, als die Leute im Mittel niedriger formal gebildet waren und vor allem noch viel weniger demokratieerfahren waren. Man brauchte keine akademische Unterweisung, um ein gutes Gespür dafür zu haben... 1/
... welche diskreten Integrationsleistungen in Volksparteien bestanden. Die Leute hatten aber noch von etwas anderem mehr parat gegenüber heute: Abstraktions- und Indifferenzvermögen. Das mag verwundern, waren sie doch noch gar nicht so hipp und modern wie wir. 2/
Eine verbreitete Vulgärinterpretation diesbezüglich lautet bis heute: waren halt irgendwo passives Stimmvieh. Aber das missachtet komplett die hohe Fähigkeit zu Kompromiss, Aufschub und Anschluss. Politische Gesellschaft ist nicht nur Sache geistig-individueller Aspiration. 3/
Sie besteht in einem gerade in hochentwickelten Gegenwartsdemokratien nur schwer zu thematisierenden Glätten, Verschieben und auch Verunsichtbaren von Problemen. Die 'alten' Volksparteien waren keinesfalls 'dümmer'. Sie waren vor allem eines: viel effektiver. /4
Viele Historiker würden wohl sagen, dass sich die demokratische Entwicklung nur gebessert habe. In sehr allgemeiner Betrachtung kann man das so sehen. Soziologisch würde ich sagen, dass gerade durch Fortschritt auch Rückschritte erkauft werden mussten. Wie in vielen Ländern auch.
Der Unterschied einer Soziologie dieses Rückschritts gegenüber dem, was Demokratiekritik als Institutionenkritik vorschlägt, besteht darin, dass Wähler/Bürger gar nicht die 'Opfer' sind. Sie sind genau darin verstrickt, immer mehr zu begehren und so immer mehr zu entbehren.
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