Mit Friedrich Merz ist's wie mit Peer Steinbrück auch: Wenn man nur lange genug klugscheißerisch und patzig aus dem Fernseh pampt, halten einen die Leut in Deutschland irgendwann für (wirtschafts)kompetent.
Deutsche lieben einfach schlecht gelaunte, schneidige alte Männer mit mangelhaften Manieren (vgl. Helmut Schmidt) und einem erfrischenden Unwillen, sich auf die Zumutungen einer sich verändernden Welt einzulassen. (Veränderungen sind ihnen immer Bedrohungen von außen: China!)
Das ganze seltsame Image als Macher und zugleich Klartext-Redner, von dem Friedrich Merz heute zehrt, verdankt sich seinem Status als früherer Dauergast in der Sendung von Sabine Christiansen, wo er das Publikam mal etwas pampig, dann wieder etwas patzig vor sich hin belehrte.
Abgesehen von zwei (2) Jahren als Fraktionsvorsitzender, in denen inhaltlich nichts passierte, von dem man sagen könnte, damit hätte Merz Politik in Deutschland nachhaltig geprägt (aber: viele Talkshow-Auftritte), hatte er nie eine Position in der ersten Reihe der Politik inne.
Das von ihm mitgeprägte Wahlprogramm, das etwas uninspiriert aus dem Rezeptbuch der US-Republikaner abgeschrieben war, trug maßgeblich zur CDU-Wahlniederlage 2002 bei und wurde anschließend von Angela Merkel beerdigt. Die Wiederaufstieg der CDU begann zeitgleich mit Merz' Abgang.
(Man könnte vielleicht sagen, der Obergefreite Merz war Anfang der Nuller Jahre so etwas wie der Show-Praktikant der CDU.)
Abgesehen von einem direkten Draht zur »Bild« und seinem unbestreitbaren Talent, den Leuten durch sein Gerede und Gehabe (»Klartext«!) das Gefühl zu geben, es gäbe da draußen genug Menschen, auf die man herabschauen kann, hat Merz für eine Kanzlerschaft nicht viel vorzuweisen.
Ich gehöre ja nicht zu denen, die meinen, dass eine:n eine Tätigkeit für Blackrock automatisch für die Kanzler:innenschaft disqualifiziert – auch wenn ich alles andere als ein Fan dieser Bude bin. Aber ich sehe bei Merz eben auch nichts, was ihn qualifizierte. (Jura-Studium?)
Stichwort Wirtschaftskompetenz: Wenn man sich die Unterschiede zwischen einem deutschen Aufsichtsrat und dem amerikanischen Board-System anschaut, ahnt man zumindest, warum Ex-Politiker in Deutschland ganz gerne in ARs geparkt werden. Da können sie vglw. wenig Schaden anrichten.
Ich gehöre auch nicht zu denen, die Merz mit Trump vergleichen, aber eines hat Merz mit Trump gemein: Es ist ihm offenbar gelungen, für eine gewisse Klientel, denen die ganze Richtung nicht passt, zu einer Projektionsfläche zu werden. Und für seine Gegner übrigens auch.
Tatsächlich sehe ich aber nur selbstherrliches Gehabe, eine enervierende süffisante Mokanz, den unerschütterlichen Glauben an ein paar Rezepte von gestern, ein Herz so kalt wie ein Kirchenfußboden und ansonsten eine gewaltig klaffende, gähnende Leere. Ich bin nicht beeindruckt.
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