Die meisten von Ihnen haben vermutlich nie von Louise Blumenthal gehört. Das Verschwinden dieser herausragenden anatomischen Zeichnerin ist symptomatisch für das Fehlen von Frauen in der (Medizin-)Geschichte. Nun machte @MuseumVrolik dieses tolle Video:
Henriette Louise Rothschild (1886-1963) studierte bildende Kunst in Berlin, ua bei Lovis Corinth. Sie heiratete den Arzt Arthur Blumenthal und bekam zwei Kinder. Louise spezialisierte sich auf anatomische Zeichnungen und wurde eine gefragte Spezialistin in ganz Berlin.
Sie war so gut, dass sie sich und ihre Kinder gut unterstützen konnte auch als ihre Ehe zu Ende kam. Und sie war so gut, dass sie nach 1933, nachdem sie als Jüdin nicht mehr arbeiten konnte, neu in Amsterdam angefangen hat: bei dem Mediziner und Anatomen Martinus Woerdeman.
Blumenthal wurde eine wichtige Zuarbeiterin für Woerdemans anatomischen Atlas. (Wenn Sie sich für dieses Thema interessieren, empfehle ich Laurens van Rooijs Buch). 1940 okkupierte Deutschland die NL. 1943 wurde Blumenthal mit ihrer Tochter Käthe nach Westerbork deportiert.
Käthe wurde in ein Transport nach Auschwitz eingereiht, versuchte zu fliehen, brach sich die Beine, und wurde noch mit Gips in einer der bald darauffolgenden Transporte nach Auschwitz geschickt. Das andere Kind, Werner, konnte den Krieg in der Schweiz überleben.
Im Januar 1944 wurde Blumenthal ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Bald wurde sie hier ein Teil des Gesundheitswesens. Sie zeichnete bei den Operationen und fertigte wertvolle medizinische Zeichnungen an. Sie wurde ein beliebtes Mitglied des Kollektivs der Häftlingsärzte.
Hier ein Absatz aus den Erinnerungen von der Direktorin der Theresienstädter Radiologie, MUDr. Lilly Pokorná
Und es gibt viel mehr:
Blumenthal überlebte, kehrte nach Amsterdam zurück, und sie und Woerdeman brachten ihren "Atlas of human anatomy, descriptive and regional" erfolgreich zu Ende. Generationen von Ärzten wurden damit geschult.
Blumenthal korrespondierte noch Jahre mit ihren Freund*innen und Kolleg*innen aus Theresienstadt, ua mit Erich Springer, dem Leiter der Chirurgie, der nun das Krankenhaus in Rumpurk leitete. Ihre anatomischen Zeichnungen liegen im Archiv Prag und Amsterdam, und wer weiß noch wo.
Ich ende wo ich angefangen habe: warum kennen wir nicht diese fantastische Frau? Warum wird sie nicht in Medizingeschichte, Holocaustgeschichte, oder Kunstgeschichte gewürdigt? Bisher haben nur Laurens van Rooij & ich mich mit Blumenthal beschäftigt. Wir konnten es nur kurz tun.
Ich würde so gerne eine Biografie dieser Frau sehen. Die Quellen sind da: deren Entschädigungsakte. Die vielen Erinnerungen des medizinischen Personals aus Theresienstadt. Archiv des Museum Vrolik. So, und nun bitte ich @HistmedHHU @KuntzB @MarceTulliMilli um breites Teilen!
Hier, ein Bild von Blumenthal und Woerdeman, aus dem Archiv von @MuseumVrolik
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