Neues "Wissenschaftliches Update" der @SwissScience_TF
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Diese Woche mit ökonomischem Teil, wiedergegeben im folgenden Thread.
(1/23)
Die politischen Entscheidungsträger müssen, über alle Pandemiephasen betrachtet, Abwägungen treffen zwischen drei Zielen: Gesundheit der Menschen, Gesundheit der Privatwirtschaft und Gesundheit der Staatsfinanzen. Es ist wichtig festzuhalten, (2/23)
dass in Perioden mit hohen und exponentiell steigenden Fallzahlen eine solche Abwägung hinfällig werden kann, denn Massnahmen zur Verringerung der Ansteckungen sind auch aus Sicht der Privatwirtschaft mittelfristig vorteilhaft. (3/23)
Der Kontext für diese Überlegungen gestaltet sich in der zweiten Welle etwas anders als in der ersten Welle.

Erstens: Mobilitätsdaten deuten darauf hin, dass die spontanen Kontakteinschränkungen der Menschen nun nicht mehr so stark ausfallen wie im Frühling. (4/23)
Gründe dafür könnten sein, dass junge und gesunde Menschen die Angst vor einer Infektion verloren haben, dass bereits infizierte Menschen sich nicht mehr an die Verhaltensregeln gebunden fühlen, und dass eine allgemeine „Corona-Müdigkeit“ einsetzt. (5/23)
Die Aussicht auf eine baldige Impfkampagne könnte – paradoxerweise, wie wir unten ausführen – ebenfalls Menschen zu riskanterem Verhalten bewegen.

Zweitens: Präventionsmassnahmen liegen nunmehr in der geteilten Verantwortung von Bund und Kantonen. (6/23)
Die Kantone haben einen Anreiz, eher zu wenig strenge Massnahmen zu treffen, da somit wirtschaftliche Nachfrage aus anderen Kantonen oder gar Ländern angezogen, und Kompensationsforderungen an die Staatskasse reduziert, werden können. (7/23)
Dezentral verteilte Entscheidungskompetenzen zeitigen in einem solchen Kontext, wo einzelne Kantone von der „Strenge“ der anderen Kantonen profitieren können, tendenziell suboptimale Massnahmen.

Drittens: Der Wert von verhinderten Infektionen ist umso grösser, (8/23)
je stärker die Aussicht wird auf ein baldiges Ende der Pandemie. Wenn die meisten Menschen angesichts einer möglicherweise langen Dauer der Pandemie damit rechnen müssen, früher oder später infiziert zu werden, ist das Risiko, infiziert zu werden, (9/23)
weniger kostspielig als bei Aussicht auf ein baldiges Ende. Andersherum gesagt: Am Tag vor der Impfung wäre eine Ansteckung viel schwerwiegender als ein Jahr vor der Impfung. (10/23)
Diese drei Gründe sprechen für eine Vorgabe von relativ strengen Mindestanforderungen durch den Bund, besonders auch angesichts der gegenwärtig relativ geringen Unterschiede bei den kantonalen Infektionszahlen. (11/23)
Strenge Präventionsmassnahmen schränken jedoch gewisse wirtschaftliche Tätigkeiten ein – zumindest in der kurzen Frist. Die resultierenden Einnahmeausfälle können durch fiskalische Eingriffe aufgefangen werden. (12/23)
Je umfassender die direkt und indirekt betroffenen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Kapitaleigner für Corona-bedingte Einbussen kompensiert werden, desto geringer ist ihr Anreiz, gegen Präventionsmassnahmen zu lobbyieren oder diese zu missachten. (13/23)
Die Argumente für eine weitgehende staatliche Kompensation von Corona-Ausfällen sind in der 2. Welle mit der Aussicht auf Impfungen noch stärker geworden. Dies hat ebenfalls drei Gründe. (14/23)
Erstens steigt der Wert von verhinderten Infektionen und damit Covid-19 Erkrankungen umgekehrt proportional zur Dauer der Pandemie (s. oben). Da staatliche Kompensationszahlungen die Akzeptanz und Einhaltung von Präventionsmassnahmen fördern, (15/23)
werden sie mit kürzerer Restdauer der Pandemie auch stetig wünschbarer. Zweitens kann bei einem sich abzeichnenden Ende der Pandemie die Zusatzbelastung des öffentlichen Haushalts besser eingeschätzt werden. (16/23)
Die Schweizer Staatsfinanzen sind so gesund und der Angebotsüberhang auf dem Kapitalmarkt so gross, dass auch bei grosszügigen Kompensationszahlungen bis Mitte 2021 keine einschneidenden Auswirkungen auf die künftige Budgetpolitik zu erwarten sind. (17/23)
Schliesslich bedeutet ein absehbares Ende der Krise auch ein geringeres Risiko, mit staatlichen Kompensationsmassnahmen eigentlich nicht überlebensfähige Firmen künstlich am Leben zu erhalten. (18/23)
Die Ausgestaltung von Kompensationszahlungen sollte bei aller Grosszügigkeit darauf ausgerichtet sein, gewisse Leistungsanreize zu bewahren. Die 80%-ige Kompensation von Lohnausfällen scheint aus dieser Warte gerechtfertigt. (19/23)
Für die Entschädigung von fixen Kapitalkosten jedoch sind die Instrumente noch weniger gefestigt. Bei der Kompensation solcher „Härtefälle“ ist insbesondere nicht klar, wie A-fonds-perdu-Zuschüsse während der Krise transparent und anreizkompatibel verteilt werden können. (20/23)
Verbürgte Darlehen (in Anlehnung and die Covid-Kredite der 1. Welle) mit einer Aussicht auf Teilerlasse nach ausgestandener Krise je nach branchenweiten und regionalen Umsatzeinbussen könnten hier ein taugliches Instrument darstellen. (21/23)
Ein wichtiger Teil der Kapitalkosten sind Geschäftsmieten. (22/23)
Staatliche Zuschüsse an einvernehmliche Mieterlasse, wie bereits von mehreren Kantonen praktiziert, sind ein marktkonformes Mittel zur Lösung dieser Problematik. (23/23)
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