Anlässlich des Vetos von Sachsen-Anhalt gegen die Erhöhung des Rundfunkbeitrags leitartikelt @MBrauck im @derspiegel über "Die Fehler von ARD ZDF" am Thema vorbei: https://www.spiegel.de/wirtschaft/rundfunkbeitrag-gestoppte-erhoehung-die-fehler-von-ard-und-zdf-a-e6ffb8da-3156-4dac-ab57-3165c5024d7c
Ein Thread. #Fernsehrat
Ein Thread. #Fernsehrat
Zunächst wird Situation gut zusammengefasst: AfD treibt CDU vor sich her. Grenze zwischen legitimer Kritik und demokratiefeindlicher Ablehnung der Öffentlich-Rechtlichen verwischt. Bislang größter politischer Triumph der AfD. Ganz genau. Eigentlich könnte Kommentar hier enden.
Leider geht der Kommentar weiter, und zwar mit gefühlter Wahrheit: "Der Unmut quillt seit Jahren aus allen Ecken der Gesellschaft." Belege dafür? Keine. Was könnten Indikatoren sein?
a) Umfragen
b) Quoten/Reichweite
c) Programmbeschwerden & Publikumsrückmeldungen
a) Umfragen
b) Quoten/Reichweite
c) Programmbeschwerden & Publikumsrückmeldungen
a) Umfragen zur Akzeptanz: im Nachrichtenbereich ist die Glaubwürdigkeit öffentlich-rechtlicher Medien konstant überdurchschnittlich (z.B. https://www.ard.de/die-ard/Glaubwuerdigkeit-der-Medien-WDR-Studie-100.pdf). Auch sonst zeigen repräsentative Umfragen hohe Akzeptanz (z.B.: https://www.zdf.de/zdfunternehmen/medienforschung-studien-100.html)
b) Quoten/Reichweite: Verglichen mit Privatsendern sind die ÖRR im Zeitverlauf erstaunlich stabil ( https://meedia.de/2018/07/24/die-10-jahres-bilanz-des-fernsehens-grosse-sender-verlieren-marktanteile-an-kleine-nur-das-zdf-nicht/). Für junge Zielgruppen gibt es erst seit 2016 das Jugendangebot FUNK, das inzw. von 70% der Zielgruppe genutzt wird: https://presseportal.zdf.de/pressemitteilung/mitteilung/70-prozent-der-zielgruppe-nutzen-funk-formate/
c) Programmbeschwerden & Publikumsrückmeldungen: da kann ich nach fünf Jahren ZDF-Fernsehrat berichten, dass erstere nicht explodiert sind. Im Bereich der sonstigen Rückmeldungen gibt es eine große Zunahme im Kontext von sozialen Netzwerken, die systematisch ausgewertet werden.
(Leider sind Auswertungen der Publikumsrückmeldungen nicht öffentlich verlinkbar, was ich für einen Fehler halte: https://netzpolitik.org/2018/neues-aus-dem-fernsehrat-30-unter-ausschluss-der-oeffentlichkeit/
Ganz allgemein tun sich ÖRR mit mangelnder Transparenz keinen Gefallen. Aber auch hier ist einiges in Bewegung: https://netzpolitik.org/2020/neues-aus-dem-fernsehrat-69-erstmals-virtuell-erstmals-per-livestream/)
Ganz allgemein tun sich ÖRR mit mangelnder Transparenz keinen Gefallen. Aber auch hier ist einiges in Bewegung: https://netzpolitik.org/2020/neues-aus-dem-fernsehrat-69-erstmals-virtuell-erstmals-per-livestream/)
Fazit: Unmut "aus allen Ecken der Gesellschaft" ist v.a. eine steile These. Trotzdem: die "simple Frage … Wozu gibt es [ARD&ZDF]? Oder genau: Warum braucht es sie heute noch?" ist durchaus legitim und will beantwortet werden. Der Verweis auf die Schweiz ist dabei wohlfeil.
Für den Vorwurf, "ARD und ZDF dagegen verweigern sich bislang einer großen Debatte" kann jedoch der Vergleich mit der Schweiz nicht als Beleg dienen. Da wie dort ist es für öffentlich-rechtliche Medien schwer, in eigener Sache zu berichten. Zurückhaltung ist hier eine Tugend.
Die Frage der Notwendigkeit eines öffentlich-rechtlichen Angebots im digitalen Zeitalter & nach dessen Ausgestaltung ist eine (gesellschafts-)politische. Es ist kein Versäumnis von ARD und ZDF, "endlich" deren Grundlagen zu diskutieren. Das ist in D Aufgabe der (Landes-)Politik.
In der Rundfunkpolitik braucht es Einstimmigkeit unter 16 Ländern. Erst seit 2019 (!) dürfen ARD und ZDF reine Online-Angebote entwickeln und so bahnbrechende Dinge wie Angebote untereinander verlinken (!!) (vgl. https://netzpolitik.org/2019/neues-aus-dem-fernsehrat-40-auf-der-rp19-von-sender-silos-zum-oeffentlich-rechtlichen-oekosystem/)
Hier der notwendige Disclaimer: natürlich gibt es vieles, das die Sender auch ohne Rundfunkpolitik verbessern könnten. Z.B. transparenter sein ( https://netzpolitik.org/2020/neues-aus-dem-fernsehrat-63-vorschlaege-fuer-mehr-transparenz-in-der-geschaeftsordnung/), freie Lizenzen (aber: https://netzpolitik.org/2020/neues-zdf-bildungsangebot-zum-teil-mit-wikipedia-kompatiblen-lizenzen/), mehr Publikumseinbindung ( https://netzpolitik.org/2020/von-kultur-bis-breitensport-es-fehlt-ein-oeffentlich-rechtliches-angebot-fuer-nutzerinhalte/) etc.
Aber: Grundlegende Änderungen. Ein neugefasster Auftrag. Eine öffentlich-rechtliche Digitalplattform (wie z.B. hier skizziert: https://netzpolitik.org/2019/neues-aus-dem-fernsehrat-38-impulspapier-zur-idee-einer-internetintendanz/). All das geht nur mit 16-Länder-Einigung. Warum soll diese leichter möglich sein, wenn jetzt BVerfG über Beitragshöhe befindet?
Übrig bleibt, was im ersten Absatz des Kommentars stand: AfD treibt CDU vor sich her. Grenze zwischen legitimer Kritik und demokratiefeindlicher Ablehnung der Öffentlich-Rechtlichen wird verwischt. Bislang größter politischer Triumph der AfD. /end